Was ist Baby Led Weaning (BLW)?
Wörtlich übersetzt bedeutet der aus dem Englischen stammende Begriff in etwa „vom Baby geleitetes Entwöhnen“. Im Gegensatz zur Beikosteinführung mit dem klassischen Beikostplan ist es hier also das Kind, das den Übergang von ausschließlicher Milchernährung hin zu fester Nahrung „steuert“.
Der im Deutschen zunehmend verwendete Begriff „Beikost nach Bedarf“ trägt dieser Tatsache Rechnung. Das Baby entscheidet selbst, was und wie viel es von der angebotenen Nahrung essen möchte. So kann es selbständig und spielerisch Nahrungsmittel ausprobieren und deren unterschiedliche natürliche Texturen kennenlernen.
Hinweis: Auch bei BLW wird das Baby weiterhin gestillt oder bekommt sein Fläschchen.
Ab wann ist mein Baby bereit für BLW?
Jedes Baby is(s)t anders. Dementsprechend individuell fällt auch der Start der Beikosteinführung aus. Während das Netzwerk Gesund ins Leben des Bundeszentrums für Ernährung den Beikoststart frühestens im 5. und spätestens im 7. Monat empfiehlt, sollte laut WHO für 6 Monate ausschließlich gestillt werden, da erst dann die Darmreife so weit ist, um feste Nahrung zu vertragen.
Die Beikosteinführung durch Baby Led Weaning beginnt meist etwas später als die Breifütterung. Das hat einen einfachen Grund: Das Baby sollte motorisch bereits weiter sein, muss Essen greifen, halten und in den Mund stecken, muss kauen und schlucken können.
Ob Brei oder feste Kost – achte auf diese Signale bei deinem Baby:
Sind diese Beikostreifezeichen erkennbar, kannst du ihm festere Nahrung anbieten. Weitere – den oben genannten allerdings nachgeordnete – Anzeichen, dass dein Baby bereit für Beikost ist, sind:
Der eat-Guide zum BLW-Start
Eines vorweg: Baby Led Weaning wird von vielen Fachleuten noch kritisch betrachtet. So rät beispielsweise der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte davon ab. Neben der Gefahr einer Unterversorgung mit wichtigen Nährstoffen, wird dabei häufig auf ein erhöhtes Risiko des Verschluckens hingewiesen. Verschiedene Studien zeigen aber, dass dieses nicht höher ist als bei Babys, die Breibeikost bekommen.
BLW kann also eine gute Alternative zu traditioneller Beikost sein – wenn man es richtig macht. Damit der BLW-Start auch gelingt, haben wir deshalb in unserem Guide die wichtigsten Tipps und Tricks für dich zusammengestellt.
Hinweis: Bist du dir unsicher, ob BLW das Richtige für dich und dein Kind ist, besprich diese Form der Beikosteinführung mit eurem Kinderarzt und lass dich – etwa zum Nährstoffbedarf – beraten.
Positives Mindset und Geduld mitbringen
Geduld ist eine Tugend! Das gilt ohne Frage auch für Baby Led Weaning. Gib dir und deinem Baby für den BLW-Start also die Zeit, die ihr braucht. Wichtig ist, dass du nicht zu verkopft und dogmatisch an die Sache herangehst, sonst wird es schwierig. Vertraue dir und deinem Baby. Dazu gehört auch, auf seine Signale zu achten und seine Wünsche zu respektieren. Vergleiche mit anderen Babys sind dabei absolut fehl am Platz. Denke immer daran: Jedes Baby is(s)t ganz individuell.
Klar, dass dabei Essen auch einmal neben dem Teller oder auf dem Boden landet. Versuche in solchen Fällen entspannt zu bleiben, denn dein Baby registriert die Stimmung am Familientisch genau. Positive Vibes animieren es eher zum Essen als negative.
Tipp: Mit einer Plastikfolie, einer Zeitung oder einem alten Laken unter dem Hochstuhl ersparst du dir einiges an Aufräumarbeiten.
Und last but not least: Zwinge dein Baby niemals zum Essen und schiebe ihm unter keinen Umständen Nahrung in den Mund! Insbesondere zu Beginn der Beikosteinführung isst es nicht, um satt zu werden – dafür gibt es schließlich die Milch – sondern, um zu entdecken und zu lernen.
Das Ganze ist übrigens keine Einbahnstraße. Stellst du nach etwas Zeit fest, dass BLW doch nichts für dich und dein Kind ist, spricht nichts dagegen, Beikost lieber über den klassischen Breifahrplan einzuführen.
Auch eine Kombination aus Fingerfood und Brei ist möglich – und wird in der Realität auch von vielen Eltern praktiziert. Bei dieser Praxis darf das Baby zum Beispiel zu Hause das Essen erforschen, während es „auswärts“ gefüttert wird.
Geeignete Lebensmittel richtig servieren
Am besten bietest du deinem Baby zunächst nur wenige, ausgewählte Lebensmittel an. Schließlich muss es sich – und seinen Magen-Darm-Trakt – erst an die neue Konsistenz der Nahrung gewöhnen. Geeignete Lebensmittel sind hauptsächlich dieselben, die man auch für Gemüsebreis und andere Breibeikost verwenden würde. Dazu zählen:
Hat sich dein Baby langsam an die neue Nahrung gewöhnt, kannst du ihm jetzt auch eine abwechslungsreichere Auswahl verschiedener Lebensmittel – möglichst aus nachhaltigem regionalem Anbau – anbieten. Baue dabei so oft wie möglich eisenhaltige Lebensmittel ein.
Tipp: Koche so, wie es für alle am besten passt. Erwachsene können salz- oder gewürzarme Gerichte nachwürzen oder ihr nehmt vor dem Würzen einfach eine kleine Portion ab.
Nachdem geklärt ist, WAS dein Baby essen darf, sollten wir uns auch das WIE genauer anschauen. Denn auch hier gilt es einiges zu beachten, damit euer BLW-Start zum Erfolg wird. Diese beiden Dinge sind dabei besonders wichtig:
Richtige Konsistenz
Reiche deinem Baby immer nur weiche Lebensmittel. Wenn es sich ohne Problem zwischen deinem Daumen und Zeigefeiger zerdrücken lässt, kann es auch dein Baby essen.
Passende Größe und Form
Du solltest deinem Baby das Essen immer „handgerecht“ servieren. Fingerfood ist hier fast wörtlich zu nehmen, denn du solltest die Stücke anfangs etwa so lang und dick (bzw. dünn) wie deinen Finger schneiden. Alternativ kannst du dich auch an der Länge der Babyfaust orientieren – und noch etwas dazu addieren. So kann dein Baby die Nahrung besser greifen und alles, was über seine Faust hinausragt, einfach abbeißen.
Tipp: Gemüsesticks schneidest du am besten mit dem Wellenschneider. Der sorgt dafür, dass die Oberfläche nicht mehr so glatt ist. Dadurch kann das Essen besser gegriffen werden. Es flutscht also nicht so sehr aus den Fingern und sorgt bei deinem Baby für weniger Frust.
Auf ungeeignete Lebensmittel verzichten
Natürlich gibt es auch einige Nahrungsmittel, die zum BLW-Start noch nicht auf dem Speiseplan deines Babys stehen sollten. Dazu zählen neben sogenannten prallelastischen Lebensmitteln wie Trauben oder Heidelbeeren, an denen sich dein Kind leicht verschlucken könnte, unter anderem diese:
Das heißt natürlich nicht, dass dein Baby auf die in Trauben, Beeren oder Nüssen enthaltenen Nährstoffe verzichten. Auch hier kommt es auf die richtige Form der Darreichung an:
Milch und Milchprodukte solltest du nur in kleinen Mengen und am besten nicht pur geben. Sind familiäre Allergien oder Unverträglichkeiten bekannt, kannst du einfach zu Milchalternativen greifen. Die kannst du oft auch ganz leicht selber herstellen:
Blätter und Stängel von Gemüse wie Mangold oder Spinat solltest du immer frisch zubereiten. Warum? Weil sie viel Nitrat enthalten, das beim erneuten Aufwärmen zu Nitrit wird und so deinem Baby gesundheitlich ziemlich zusetzen kann.
Tipp: Auch wenn dir Fertiggerichte auf den ersten Blick vielleicht praktisch erscheinen, sollte dich spätestens der zweite Blick auf die Zutatenliste darauf verzichten lassen. Viel Salz, Zucker und Zusatzstoffe bei niedrigem Nährstoffgehalt ist nämlich nicht das, was dein Baby jetzt braucht.
Auf Sicherheit achten
Auch wenn beim Baby Led Weaning die Selbstbestimmung durch das Kind im Vordergrund steht, heißt das natürlich nicht, dass du bei dieser Form der Beikosteinführung beim Essen automatisch nicht mehr in der Verantwortung stehst. Im Gegenteil. Neben den bereits genannten Punkten ist es zur Sicherheit deines Babys unbedingt nötig, dass du dich auch an diese „Regeln“ hältst:
Tipp: Wir empfehlen für alle Neu-Eltern einen Erste-Hilfe-Kurs am Kind. So weißt du, was im Fall der Fälle zu tun ist. Häufig kannst du solche Kurse auch online belegen.
Tipps für das BLW-Familienessen
Hast du dich für Baby Led Weaning entschieden, nimmt dein Baby meist auch am Familienessen teil. Wir zeigen dir, wie du am besten für einen reibungslosen Ablauf am Familientisch sorgst:
Vorbereitung
Du stillst dein Baby bzw. gibst ihm sein Fläschchen etwa eine halbe bis eine Stunde vor dem Essen. So kommt dein Kind entspannt und nicht zu hungrig an den Esstisch.
Lebensmittelangebot
Du bietest deinem Baby eine kleine, aber feine – Stichwort: regional und saisonal – Lebensmittelauswahl an. So lernt es früh vielfältige Geschmäcker kennen. Lege ihm dazu aber jeweils nur ein Stück auf den Teller. Bei Bedarf kannst du ihm Nachschlag geben.
Tipp: Du bist dir nicht sicher, welches Gemüse wann Saison hat? Ein Blick in unseren Saisonkalender hilft!
Essen in Gemeinschaft
Ihr zusammen esst. So kann dein Baby in Gemeinschaft neues Essen entdecken. Wenn es dir dabei beim Essen zuschaut, kannst du es – natürlich ohne jeglichen Druck – dazu animieren, selbst zu essen.
Abschließendes Stillen
Du bietest deinem Baby nach Abschluss des Essens – es hat dir gezeigt, dass es fertig ist – noch einmal die Brust bzw. sein Fläschchen an.
Natürlich lassen sich auch hier keine Pauschalaussagen treffen. Auch wann du das Stillen vor oder nach der Mahlzeit streichen oder die Portionen vergrößern kannst, ist einzig und allein von deinem Baby abhängig. Vertraue ihm und lass dich dabei von ihm leiten.
Hinweis: Stellst du fest, dass sich der Appetit deines Babys plötzlich stark verändert, solltest du nicht zögern, ärztlichen Rat einzuholen.
BLW-Speiseplan
Bestenfalls enthalten die Gerichte, die du deinem Baby anbietest, diese 3 Komponenten:
So könnte beispielsweise euer Speiseplan an einem Tag vom Frühstück über das Mittagessen bis hin zum Abendessen aussehen:
Nachfolgend findest du viele weitere Speisen, die du deinem Baby früh, mittags oder abends anbieten kannst.
Hinweis: Dass es sich hierbei nur um Empfehlungen handelt, sei an dieser Stelle noch einmal explizit betont. Geschmäcker sind bekanntlich verschieden.
Frühstück (herzhaft oder süß) | Mittagessen (für Abwechslung sorgen) | Abendbrot (warm oder kalt) |
---|---|---|
Porridge mit Früchten (z.B. Apfel-Haferbrei-Porridge) | Fingerfood (z.B. Kartoffelstreifen aus dem Ofen oder gedünstete Gemüsesticks) | Kartoffelsalat und selbst gemachte Chicken Nuggets |
Brötchen oder Toast mit Butter | grätenfreies Fischfilet | Vollkornbrot mit Aufstrichen und Dips, z.B. salzarmer Hummus |
Pfannkuchen ohne Ei, Milch und Zucker | Pasta mit Soße | Omelette |
Gemüsemuffins | Gemüsebällchen (z.B. aus geraspelten Karotten, frischen Küchenkräutern und Kircherbsenmehl) | One-Pot-Pasta (z.B. mit Kokosmilch und Kürbis) |
Apfel-Rübli-Schnitten | Zucchini-Risotto | Gemüsewaffeln |
Bananenwaffeln ohne Zucker | mildes Gulasch |
Hinweis: Um die Nierchen deines Babys nicht dauerhaft zu überlasten, solltest du ihm nicht mehr als 1 bis 2 Eier pro Woche zu geben. Dazu zählen auch die in Gebäck und anderen Leckereien verarbeiteten.
AOK Sachsen-Anhalt. Baby Led Weaning, www.deine-gesundheitswelt.de, letzter Aufruf: 24.09.2024.
Heilemann, Dr. Yvonne, und Monika Cremer. Brei und Baby-led weaning: Was ist bei der Beikost zu beachten?, www.gesund-ins-leben.de, letzter Aufruf: 24.09.2024.
Knörle-Schiegg, Andrea. Baby led weaning: Fingerfood für Babies, www.landeszentrum-bw.de, letzter Aufruf: 24.09.2024.
Zelle-Möhlmann, Elena. Was ist Baby Led Weaning – und wann beginnt man damit?, www.apotheken-umschau.de, letzter Aufruf: 24.09.2024.